Wann sollte ein Koppelgebrauchshund mit der Arbeit am Vieh beginnen?

Wenn ich gefragt werde, ab welchem Alter ich mit dem Training am Vieh beginne, dann sage ich immer, dass meine Hunde oft über ein Jahr alt waren, weil sie vorher noch nicht reif genug im Kopf waren. Und dann kommt das Argument, dass es Videos von mir gibt, in denen ich deutlich jüngere Hunde an den Schafen zeige.
Das berühmte Antesten. Immer wieder diskutiert und ein Streitpunkt. Zu recht. Braucht es das oder nicht?

In meinen Augen braucht der Hund das nicht. Es dient vielmehr der Neugier des Besitzers, was ich sehr gut nachvollziehen kann. Auch ich sitze da oft auf heißen Kohlen und würde gerne wissen was mein Hundekind so im Gepäck hat.

Allerdings gibt es Hunde, die sich noch gar nicht für Schafe interessieren. Es ist wichtig zu wissen, dass wir es mit Jagdverhalten zu tun haben, dass bis zum dritten Lebensjahr ausreift. Den größten Schub macht es meiner Erfahrung nach zwischen dem ersten und zweiten Lebensjahr. Zeigt also ein zum Beispiel acht Monate alter Hund kein Interesse am Vieh, sagt das nichts darüber aus, ob er ein guter Arbeitshund werden kann oder nicht.

Wenn die Bedingungen stimmen, dann spricht in meinen Augen nichts dagegen mal zu schauen, was ein junger Hund an den Schafen anbietet. Unter passenden Bedingungen verstehe ich Schafe, die den jungen Hund nicht angreifen, die gut zusammenbleiben und auf unbeholfene Versuche sie zu bewegen auch reagieren. Außerdem sollten sie bei „ungehobeltem“ Verhalten nicht sofort die Nerven verlieren.

Wichtig:
Wenn man den jungen Hund nicht antestet, macht man niemals etwas falsch! Wer also unsicher ist, niemanden an der Hand hat, der die Bedingungen bieten kann bzw. weiß, worauf man achten muss, dann sollte man einfach abwarten und den jungen Hund einfach später mit dem Vieh konfrontieren.

Da der junge Hund beim Antesten seine allerersten und damit sehr nachhaltige Lernerfahrungen mit der Situation macht, bin ich als Mensch maßgeblich beteiligt. Zum einen natürlich um die Schafe zu schützen und dem Hund zu vermitteln, dass Vereinzeln, Hetzen und Beißen nicht das Ziel ist. Aber natürlich auch, um dem jungen Hund bei guten Ideen über Lob das Feedback zu geben, dass das richtig ist, was er gerade macht.

Dabei spielt auch die Position des Menschen an den Schafen im Verhältnis zum Hund eine wichtige Rolle. Mit dieser kann ich dem Hund Situationen zum Ausprobieren schaffen oder auch den Kontakt zu den Schafen blockieren.

In dem folgenden Video sieht man die halbjährige Groenendael-Hündin Marla. Sie zeigt viel Übersprungsverhalten und klinkt sich oft aus, indem sie Schafköttel frisst. Sie zeigt dieses Verhalten, weil sie zum einen nicht sicher ist, was mit diesen wolligen Tierchen erlaubt ist und was nicht, aber sie nutzt das auch um zu verarbeiten, was sie kurz vorher gemacht hat. Sie ist ein feinfühliger Hund, der genau darauf achtet, was passiert. Von Seiten des Menschen, sowie den Schafen.

Sie zeigt in den Sequenzen, in denen sie aktiv an den Schafen wird, eine schöne Entwicklung. Sie probiert sehr bewusst, wie man die Schafe in Bewegung bekommen kann und macht dies auch zunehmend an der richtigen Position, so dass die Schafe in Richtung des Menschen laufen.

Marla wird diese Erfahrung mitnehmen und mit hoher Wahrscheinlichkeit beim nächsten Kontakt mit den Schafen anbieten, der allerdings erst in einigen Wochen sein wird.

Groenendael Marla im Alter von sechs Monaten im Jahr 2023

In dem folgenden Video sieht man meine eigene Hündin Cooma als Welpe. Sie begleitete mich als Welpe regelmäßig mit zu den Schafen und interessierte sich zunächst gar nicht für die Schafe. Von einem Tag auf dem anderen „zündete“ sie und ich ließ davon dieses Video drehen. Cooma zeigt sich sofort recht souverän und wirkt schon sehr erwachsen. Tatsächlich blieb das auch so. Trotzdem habe ich mit dem richtigen Training erst angefangen als sie 14 Monate alt war.

Border Collie Cooma im Alter von vier Monaten im Jahr 2008