Als ich vor Kurzem per Livestream bei einem internationalen Wettbewerb arbeitender Border Collies einige Läufe verfolgte, kam ich darüber ins Grübeln wie den Hunden eigentlich kenntlich gemacht wird, wo sie anfangs überhaupt hinlaufen sollen um die Schafe zu holen, die ja einige hundert Meter entfernt darauf warten geholt zu werden. In diesem Fall musste der Hund das Gelände wechseln, also eine Grenze überlaufen, die optisch für die Hunde gut erkennbar war, um auf die richtige Fläche zu gelangen. Wie immer führen viele Wege nach Rom und so konnte man viele Varianten sehen wie die Hundeführer ihre Hunde dirigierten, die mehr oder weniger effektiv zum Ziel führten. Und während ich das so schaute dachte ich, dass es doch von Vorteil wäre, wenn der Hund sich vor dem Loslaufen mit dem Gelände auseinandersetzen würde. Viele Hunde starrten aber nur erwartungsvoll auf ihre Besitzer, schauten sich also kein einziges Mal um. Und das teilweise schon beim Gang zum Startpfosten. Fast jeder Hund benötigte ein Hilfskommando zum Wechseln des Geländes. Manche nahmen es zunächst nicht an und mussten mehrfach aufgefordert werden. Ob das am Startritual lag oder schlicht daran, dass sie es aus dem Alltag und Training wenig kannten das Gelände zu wechseln, weiß ich natürlich nicht. Ich fragte mich aber, ob man es Hunden einfacher machen könnte sich zu orientieren und dachte daran, wie ich das über die Jahre bei meinen Hunden verändert habe.
Mit meinen ersten Hunden hatte ich anfangs gar nicht auf dem Schirm, dass Zeiten kommen würden, in denen ich den Hund blind ins Gelände schicken würde. Das heißt, dass der Hund gar nicht weiß, wo die Schafe stehen und er sie suchen musste. Noch viel weniger hatte ich bedacht, dass manchmal irgendwo anders im Gelände Schafe zu sehen waren, die aber nicht vom Hund geholt werden sollten. Und so kam es, wie es kommen musste: Mein Training zeigte mir recht schnell die Sackgassen, in die ich geraten war. Ich hatte meinen ersten beiden Hunden beigebracht den Horizont mit den Augen abzusuchen und sich an dem zu orientieren, das nach Schafen aussah. Ich fand das bis dahin völlig logisch. Auf Wettbewerben ahmte ich daher nach, was andere manchmal auch taten: Ich ließ meine Hunde bei den Startern vor mir zuschauen, wo sie die Schafe holten. War das nicht so gut zu sehen, hob ich meine Hunde sogar hoch, damit sie etwas sehen konnten. Das funktionierte so mittelprächtig. Ich erinnere mich an ein Trial, bei dem unsere Schafe gar nicht mal so weit weg hinter einem Hügel standen, meine beiden Hunde aber zielgerichtet eine Wendung beim Starten hinlegten, um zu den sichtbaren Schafen in unserem Rücken zu laufen. Einmal lief einer meiner Hunde weiße Rundballen weit weg am Horizont an. Ich bemerkte also irgendwann, dass dieses System ziemlich viele Haken hatte.

Daher beschloss ich mit meinem nächsten Hund das Thema anders anzugehen und zerbrach mir den Kopf. Die Techniken, die ich bei anderen beobachtet hatte, schienen mir nicht genau genug. Manche Menschen gingen in einem bestimmten Winkel mit ihrem Hund aufs Feld und versuchten dem Hund damit kenntlich zu machen, wo es hingehen sollte. Diesen Baustein finde ich nach wie vor alles andere als dumm. Aber er war mir immer noch zu ungenau. So grübelte ich, wo ähnliches von einem Hund verlangt wurde und sah Parallelen in der jagdlichen Ausbildung von Retrievern. Wenn eine Ente geschossen wird und für den Menschen sichtbar zu Boden gegangen ist, der Hund aber nicht weiß, wo sie sich befindet, dirigiert man den Hund möglichst nah an den Bereich heran und lässt ihn nur dieses kleine Areal absuchen. Das ist viel effektiver als ihn unnötig die ganze Fläche absuchen zu lassen.
Um den Hund dort hin zu dirigieren nutzt man das sogenannte Einweisen. Das heißt, man zeigt dem Hund körpersprachlich eine Linie, auf der er die Beute finden wird. Ich beschloss dieses System zu kopieren und auszuprobieren, ob es auch beim arbeitenden Border Collie anwendbar sein könnte. Mit meiner Cooma erarbeitete ich mir erfolgreich dieses System. Mittlerweile habe ich es bei weiteren Hunden eingesetzt. Ich zeige meinen Hunden mit ausgestreckter Hand die Linie, auf der sie die Schafe finden werden. Stehen mehrere Schafgruppen sichtig, kann ich meinen Hunden darüber anzeigen, welche Gruppe gearbeitet werden soll. Das Handzeichen ist außerdem das Signal dafür, dass es immer um das Holen der Schafe geht. Demnach ist das Ziel, dass die Schafe am Ende bei mir stehen.
Mit meiner Hündin Sheila reichte dieses System aber nicht aus. Bei ihr beobachtet ich, dass sie, obwohl sie das alles genauso gelernt hatte wie meine anderen Hunde, unwirsch ins Gelände rannte um irgendwann stehen zu bleiben und mich zu fragen, wo es denn überhaupt hingehen sollte. Manchmal machte sie es allerdings perfekt, war absolut orientiert und erledigte die Aufgabe auch auf große Distanzen mit sehr spät sichtbaren Schafen gelassen und ordentlich. Ich begann zu beobachten, wann es schief ging und wann es klappte. Dabei fiel mir auf, dass es meist dann schief ging, wenn Sheila sich das Gelände gar nicht angeschaut hatte. Ich begann mir also die Zeit zu nehmen sie das Gelände betrachten zu lassen. In dem Zuge fiel mir auf, dass meine anderen Hunde das ganz selbstverständlich „nebenher“ machten, vor allem, wenn wir in ein fremdes Gelände gingen. Daher war mir nie aufgefallen, dass das auch ein Teil unseres Orientierungs-Rituals war. Wenn Sheila gestresst vom Umfeld ist, dann starrt sie gerne nur auf mich, um das Drumherum auszublenden. Das ist fast immer der Fall, wenn fremde Menschen drumherum sind. Und dann betrachtet sie das Gelände logischerweise nicht. Nach dieser Erkenntnis begann ich mit ihr gezielt zu üben, dass sie die Umgebung betrachtete. Ich glaube, so mancher Richter hat sich gefragt, warum ich den Hund nicht schickte und so lange da am Pfosten „einfach herumstand“. Das war das Warten aufs Gelände betrachten des Hundes.
Nun stecke ich mit meiner jungen Fleek im Aufbau. Wir befinden uns im Augenblick in der Phase, in der zunehmend Outruns mit Schafen außer Sicht und in fremden Umgebungen hinzukommen. Und ich gebe ihr bewusst Zeit sich das Gelände anzuschauen, bevor ich sie auf die Linie orientiere, auf der sie die Schafe finden wird. Beim Dummytraining sagt man, dass die Hunde lernen müssen die Hand anzunehmen und ihren Menschen zu glauben, dass diese Linie sie zur Beute bringt. Genau das erlebe ich im Augenblick auch bei Fleek. Wir sind mitten in der Phase, dass sie mir vertraut, dass ich ihr damit den richtigen Hinweis gebe. Und so ist heute dieses Video entstanden. Fleek hatte beobachtet, wo die Jungs zum Fressen hingelaufen sind. Es ist also kein ganz blindes Schicken. Aber sie kann die Schafe vom Startpunkt aus nicht sehen. In dem Gelände ist sie bisher einmal gelaufen. Trotzdem gebe ich ihr Zeit es sich anzuschauen. Und warte beim Annehmen der Hand bis ihr Blick die Richtung wirklich annimmt. Erst dann schicke ich sie. Ob dieses System DAS System ist – keine Ahnung. Aber es ist eine Möglichkeit dieses Thema sinnvoll aufzubauen.
Zusammenfassend kann ich über mein System sagen:
- Der Hund sollte sich ganz in Ruhe das Gelände anschauen.
- Der Mensch und sein Hund müssen ein Kommunikationssignal gefunden haben, welches dem Hund eindeutig die Linie vorgibt (bei mir das Handsignal).
- Der Mensch muss sicherstellen, dass der Hund verstanden hat welche Linie gemeint ist, BEVOR er losgeschickt wird.
Wofür ist das gut?
- schwieriges Gelände
- Schafe außer Sicht
- mehrere Schafgruppen in Sichtweite
- sehr weite Outruns
